Wissensmanagement kommt allmählich im Bewusstsein von Organisationen an. Endlich, muss man sagen, denn die Einführung von Wissensmanagement geht oft einher mit erleichterten Mitarbeitenden und einem schnellen Return of Invest. Ja, man glaubt es kaum, aber die Arbeitszeit, die durch effizientes und nutzerzentriertes Wissensmanagement gespart wird, führt auch bei umfassenden Implementierungsaufwänden meist schon innerhalb weniger Jahre zur Amortisierung.

In diesem Beitrag beschäftigen wir uns allerdings nicht mit der finanziellen Seite von Wissensmanagement. Vielmehr packen wir heute den Rucksack und erkunden 5 innovative Methoden, die Ihr Wissensmanagement noch besser machen können.

quICK WIN Produktivitätsanalyse

Jedes Wissensmanagement muss zuerst einmal eingeführt werden. Die quICK WIN Produktivitätsanalyse steht am Beginn eines professionellen Wissensmanagements und erlaubt eine Standortbestimmung der aktuellen Wissenskultur. Wenn Sie so wollen, schlagen Sie so die Grundpfeiler in die Erde, auf denen Sie Ihr zukünftiges Zelt „Wissensmanagement“ aufspannen.

Auch weil sie so unkompliziert und im Vergleich zu anderen Standortbestimmungsmethoden kostengünstig ist, erfreut sich die quICK WIN PA zurecht zunehmender Beliebtheit. Das heißt natürlich nicht, dass sie lapidar oder überhastet durchgeführt werden sollte. Ganz im Gegenteil. In ihrem Rahmen sollte man alle Möglichkeiten der quICK WIN PA nutzen, um eine möglichst genaue Standortbestimmung zu ermöglichen. Letztendlich hängt die Stabilität des Zeltes von seiner Befestigung ab. Sie sind also im wahrsten Sinne des Wortes Ihres eigenen Glückes Schmied.

Die Grundlage einer professionellen quICK WIN PA bilden Online-Interviews und Workshops. Durch eine solche Bottom-Up-Methodik werden Mitarbeitende früh in den Entscheidungsprozess über das Wissensmanagement eingebunden, mit dem sie zukünftig arbeiten müssen. Sie entscheiden also sozusagen mit über die Spielregeln, an die sie sich später halten sollten. Das steigert das Commitment zum und das Engagement mit der neuen Arbeitsweise.

Die Ergebnisse einer quICK WIN PA sind vielfältig und abhängig davon, was als Zieldokument definiert wird. In aller Regel sollten sie aber ein Wissensmanagementprofil (siehe Abbildung), ein Strategiepapier und die Definition von ersten niedrigschwelligen Change-Schritten beinhalten.

Ziele: Standortbestimmung, Identifikation Verbesserungspotenziale, Bestimmung gemeinsamer Regeln, Erarbeitung gemeinsamer Sprache (Klassifikation, bspw. „Was ist ein Wissensschnipsel für uns?“).

Transfer Stories

Sind die Spielregeln definiert und erste Quick Wins erzielt, gilt es langfristig, möglichst viel Expertenwissen zu sichern. Dabei können alle Mitarbeitenden als Expert*innen fungieren. Je komplizierter und umfangreicher Expertenwissen wird, desto eher kann es empfehlenswert sein, zu fortgeschrittenen Dokumentationsverfahren zu greifen. Eines dieser Verfahren ist die Transfer-Story.

Die Transfer-Story verbindet strukturierende mit narrativen Elementen, um schwer erfassbares und hochspezifisches Wissen zu sichern. Dabei wird anhand von Interviews oder Praxissimulationen neben quantifizierbaren Prozessstrukturen auch qualitatives Wissen erfasst, das Einfluss auf den Prozessablauf hat (siehe Beispiel in Abbildung).

Trotz ihrer hohen Effektivität sollte die Transfer Story vereinzelt und zielgerichtet eingesetzt werden, da sie einige essenzielle Dokumentationsschritte beinhalten, die mitunter sehr zeitintensiv sein können. Die Schritte umfassen etwa die Planung, Wissenstransfergespräche sowie die notwendigen Transfermaßnahmen und die Visualisierung des Dokumentierten.

Ziele: Effektive Dokumentation von kontextbehaftetem Erfahrungswissen, qualitative/anekdotische Anreicherung von ‚kaltem‘ Prozesswissen, visuelle Aufbereitung.

Buddying (Lernpartnerschaften)

Es gibt viele Methoden, um dokumentiertes Wissen lebendig zu halten. Eine der größten Herausforderungen bei einer Transformation des Wissensmanagements besteht darin, die Nachhaltigkeit sicherzustellen. Zu häufig versauert teuer angelegtes Wissen im Dunkeln. Es ist also essenziell, eine lebendige Wissenskultur zu etablieren.

Buddying trägt häufig sehr effektiv dazu bei, den erlebten Culture Change in einer Organisation über lange Zeit zu konservieren. Wissensbuddies tun sich dabei zusammen, um voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu motivieren oder gemeinsam Wissen zu dokumentieren bzw. aktualisieren. Buddyships können durch konkrete Zielsetzungen entstehen (z. B. ein jüngerer Mitarbeiter lernt von einer älteren Kollegin bestimmte Prozessabläufe) oder ohne konkretes Ziel als langfristiges Arrangement eingegangen werden.

Buddying bietet sich daher besonders gut in einem Onboarding-Szenario an und hilft effektiv bei der Aufweichung von Wissensmonopolen. Bei diesem oft heiklen Thema, das in unterschiedlich starker Ausprägung in beinahe allen Organisationen zu finden ist, horten Mitarbeitende Wissen. Ob aus Existenzängsten, der künstlichen Steigerung des wahrgenommenen Impacts im Team (sog. ‚Manufactured Exclusivity‘) oder anderen Beweggründen – ein solches Monopol ist oft tief verwurzelt und schwer aufzulösen. Das Buddying, in seinem 1:1-Setting und mit seinem stark persönlichen Charakter, kann dafür ein effektives Mittel sein.

Durch seinen Hands-On-Charakter ist das Buddying jene Methoden unter unseren fünf, die am nächsten an der Schnittstelle von Wissen und Lernen liegt. Eine Schnittstelle, die genau das ist und keineswegs eine inpenetrable Grenze.

Wissensträger bauen Beziehungen zu Lernpartner auf, um Kompetenzen [und eine nachhaltige Lernkultur] auszubauen.

Angelika Mittelmann: „Wissensmanagement wird digital“ (2019)

Ziele: Wissenskultur fördern, nachhaltiges Wissensmanagement sicherstellen, Reflexion zum individuellen Lernverhalten anregen, gezielter Wissenstransfer, Wissensmonopole auflösen.

Lessons Learned

Wann haben Sie das letzte Mal eine Lessons-Learned-Sitzung zu einem sehr erfolgreich oder weniger erfolgreich verlaufenen Projekt in Ihrem Team durchgeführt? Erst kürzlich? Dann sind Sie die Ausnahme: Well done!

In Anbetracht ihres geringen Aufwands und ihrer hohen Effektivität ist Lessons Learned eine sträflich vernachlässigte Wissensmanagementmethode.

  • Relevante Erfahrungen werden identifiziert
  • Kernerfahrungen werden aufbereitet
  • Maßnahmen werden beschlossen
  • Das Gelernte wird integriert

Sie eröffnet nicht nur die Möglichkeit, Verbesserungspotenziale zu erarbeiten und zu dokumentieren. Sie gibt auch Anlass zur offenen Diskussion im Team, zum Loben und Motivieren. Wissen nicht bloß im simplen Transfer von Mitarbeiter*in zu System stattfinden zu lassen, sondern die Wissenskultur im Team erlebbar zu machen, ist ein weiterer positiver Nebeneffekt.

Ziel: Förderung offener Wissenskultur, Förderung Fehlerkultur, Steigerung operativer Effizienz.

Wissensnetzwerk

Sind erst einmal die größten Teile des Organisationswissens dokumentiert, ist es meist gar nicht so leicht, einen Überblick zu behalten. Der Aufbau eines Wissensnetzwerks kann dabei helfen, eine weitere Strukturebene zu schaffen. Ein Wissensnetzwerk kann man sich in etwa vorstellen wie ein soziales Netzwerk – nur mit Wissen.

Während wir auf sozialen Netzwerken hauptsächlich für mehr oder weniger sinnvolle Privatvergnügungen unterwegs sind, vernetzt das Wissensnetzwerk vielmehr relevante Wissensträger innerhalb einer Organisation. Dabei unterscheiden sich drei Arten von Gemeinschaften:

  1. Interessengemeinschaften (CoI)
    Hier steht ein zentrales Thema im Vordergrund. Teilnehmen kann jeder, egal ob Expertin oder blutiger Anfänger.
  2. Praxisgemeinschaft (CoP)
    Sollen konkrete Ziele erreicht und Hürden überwunden werden, sprechen wir von einer Praxisgemeinschaft. Sie setzt sich meistens zusammen wie ein Projektteam.
  3. Expertengemeinschaft (CoE)
    Um bestimmte Wissensgebiete zu vertiefen und das Organisationswissen weiter anzureichern, können sich Expertengemeinschaften bilden. Sie drehen sich um ein zentrales Thema, die Personengruppe ist allerdings auf Expert*innen beschränkt, um effektiven Erkenntnisgewinn sicherzustellen.

Die Grundlage für ein solches Netzwerk kann ein funktionsstarkes Wissensmanagement-Tool sein. Aber auch als Ritual oder Absprache kann sich ein Wissensnetzwerk langfristig in einer Organisation etablieren – etwa in Form von Wissenszirkeln.

Ziel: Förderung einer nachhaltigen Wissenskultur, effizienter Wissenstransfer, aktive Einbindung von Wissen in den Arbeitsalltag.

Wissensmanagement ist keine leichte Aufgabe. Es ist nicht mal eben gemacht und es ist viel wichtiger, als sich die meisten selbst heute noch eingestehen wollen. Vielleicht helfen Ihnen einige dieser Methoden in Ihrer eigenen Organisation weiter. Sollte es mit dem Wissensmanagement in Ihrer Organisation trotzdem noch nicht so laufen wie gewünscht, wissen Sie nun, an wen Sie sich wenden können.

Autor: Marius Lex, Senior Consultant, drehmoment, www.drehmoment-gmbh.de