Widerstandskraft Personalentwicklung

Oder: Warum es sinnvoll ist, über die eigene Widerstandskraft nachzudenken.

Wer von Ihnen hörte über die Jahre hinweg regelmäßig von Familie und Freunden, er solle mal runterfahren, sich auch mal eine Auszeit gönnen. Wie viele haben dann leise in sich hineingelacht und waren glücklich, gerade in einer heißen Phase, parallel auf dem Weg zum nächsten Projekt oder zum nächsten Kunden zu sein. Mit COVID-19 kam das Home-Office-Dasein – ebenso wie die Investitionsstopps. Und Projekte, an denen man möglicherweise über Jahre hinweg gearbeitet hatte, sind nun verloren. Natürlich wissen wir alle, dass es Millionen von Menschen noch schwerer trifft, dass es dort zum Teil um Leben und Tod geht. Nichtsdestotrotz stellt die aktuelle Situation jeden einzelnen von uns auf eine harte Bewährungsprobe.

Krisen bewältigen und für positive Entwicklungen nutzen!

Resilienz

Es braucht Strategien, wie mit solchen einschneidenden Lebensereignissen umzugehen ist – gerade auch für diejenigen, die sich aufgrund ihrer privilegierten beruflichen Situation bisher wenig Zeit genommen haben, um über ein solches Szenario im Vorfeld zu reflektieren. Der Schotte Robert Louis Stevenson – der interessanterweise sein Leben lang unter einer schweren Lungenkrankheit litt – schlussfolgerte: „Es geht im Leben nicht darum, gute Karten zu haben, sondern mit einem schlechten Blatt ein gutes Spiel zu machen.“  Diese besondere Fähigkeit wird in der Psychologie Resilienz (von lateinisch resilire «abprallen») oder auch psychische Widerstandsfähigkeit genannt. Dabei handelt es sich um die Kunst, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen sogar als Anlass für positive Entwicklung zu nutzen.

Die bekanntesten Forschungen über Resilienz stammen von Aron Antonowksy, der sich mit Überlebenden aus Konzentrationslagern und der Frage beschäftigte, warum es manche geschafft haben, diese Situation fast schadlos zu überstehen. Wir alle kennen Menschen, die auch unter größtem Druck und in schwierigsten Situationen den Überblick und ihre Leistungsfähigkeit behalten. Wir kennen Menschen, die auch persönliche Angriffe mit scheinbarer Leichtigkeit verkraften. Sie stehen immer einmal mehr auf, als sie hinfallen, richten ihre Krone und machen weiter. Diese Menschen beherrschen die Fähigkeit der Resilienz.

Krisen bewältigen und für positive Entwicklungen nutzen!

Die eigene Widerstandskraft

Die gute Nachricht lautet: Es ist möglich, an der eigenen Widerstandskraft zu arbeiten. Dabei ist es entscheidend, die Situation so zu akzeptieren, wie sie sich darstellt. Übernehmen Sie Verantwortung und denken Sie über Lösungen nach, statt sich in den Problemen zu verlieren. Das ist leicht gesagt, denn es besteht stets die Gefahr, dass man sich selbst in eine Opferrolle drängt. Das lähmt und zerstört die optimistische Sicht auf die Zukunft. Daher sollten Sie versuchen, Ihre Emotionen und Impulse zu kontrollieren und konstruktiv einzusetzen, um mit Druck, Frust und Ärger vernünftig umgehen zu können. Hierbei kann das Säulenmodell der Identität als Hilfe dienen. Sowohl für Personen als auch Organisationen gilt es, die fünf Säulen ihrer Identität stabil zu halten. Denn wenn wir uns unserer Identität bewusst sind, können wir daran arbeiten, sie auch in Krisenzeiten zu schützen.

  1. Werte und Normen: Auch in Krisenzeiten ist es wichtig, auf die eigene Kultur zu schauen. Wir schaffen Stabilität, indem wir unsere Regeln und Normen ganz privat, aber auch als Organisation hochhalten.
  2. Präsenz: Erscheinungsbild, Körpergefühl, Gesundheit, Aussehen – bleiben Sie hier bei Ihren Routinen, beispielsweise in Bezug auf Sport oder Ernährung.
  3. Soziales: Einbindung in die Branche sowie die Pflege von Beziehungen zu Kollegen, Freunden und Familie geben Halt und wirken stabilisierend. Finden Sie neue Wege und Medien, um in Kontakt zu bleiben.
  4. Ressourcen: Sicherheiten, Status, Einkommen, Konsum – in der Krise gerät diese Säule unweigerlich ins Wanken. Es ist wichtig, dies zu akzeptieren und dafür um so mehr an der Stabilisierung der anderen Säulen zu arbeiten.
  5. Leistung: Gerade Menschen, die sich über ihre Arbeit, ihr Engagement und ihren Erfolg definiert haben, schaffen sich innere Stabilität, wenn sie genau hier weitermachen. Bleiben Sie kreativ und denken Sie über neue Wege nach, Ihre Position zu stärken. Erfinden Sie sich und Ihr Geschäft neu.

Betrachten Sie die aktuelle Situation also auch als Chance. Denn ein außergewöhnlicher Spieler findet es gerade spannend, ein schlechtes Blatt auf der Hand zu haben und daraus ein gutes Spiel zu machen.

Autorin: Bettina Klumpp, Geschäftsführerin Diagnose-it! www.diagnose-it.de