Wir alle kennen das: Über Tage, vielleicht sogar Wochen hinweg haben wir viel Zeit und Arbeit in unser aktuelles Projekt gesteckt. Wir haben dabei Tränen und Blut vergossen, die ein oder andere Sinnkrise überwunden und können nun endlich – endlich! – das Ergebnis unseres Schaffens stolz den anderen Kollegen und Vorgesetzten präsentieren. Doch so groß die Euphorie und Vorfreude war, so schnell setzt auch die Ernüchterung ein. Denn als Rückmeldung bekommen wir nur Sätze zu hören, wie: „Das passt noch nicht…“, „Hier müsste man noch etwas verändern…“, „Jenes geht sicher noch besser…“ Na toll, das ist also der Lohn für meine harte Arbeit, denken wir uns und ziehen ernüchtert ab. Feedback kann ja so frustrierend sein…

Feedback ist überall – zum Glück

Das bedeutet aber nicht, dass Feedback auch frustrierend sein muss. Im Gegenteil: Feedback ist fester Bestandteil unseres täglichen Lebens – wir lechzen geradezu danach, eine Rückmeldung auf unser Tun zu erhalten. Denn nur so können wir herausfinden, wie wir mit unserem Verhalten auf andere Menschen wirken. Eine solche Rückmeldung kann uns in unserem Tun bestärken oder als Anstoß für eine (dringend notwendige) Veränderung dienen. Doch warum fühlen wir uns dann oft von Feedback gekränkt? Warum haben wir vielleicht sogar Angst davor, von anderen Feedback zu erhalten? Und wie können wir verhindern, dass wir selbst mit unserem eigenen Feedback genau diesen Effekt bei anderen Menschen bewirken?

Den inneren Schwaben überwinden

Der vielleicht wichtigste Punkt zuerst: Feedback geben und Kritik üben sind keine Synonyme. Wir neigen häufig dazu, dies zu vergessen, und beschränken uns in diesem Sinne ausschließlich auf die negativen Aspekte. Denn darum geht es doch schließlich: Dem anderen aufzuzeigen, was er alles falsch gemacht hat, oder? Und alles, was ich nicht explizit erwähne, ist somit automatisch gut. Nach dem Motto: Nix gschwätzt isch Lob gnuag! Was das Verteilen von positivem Feedback angeht, sind wir alle gern ein wenig schwäbisch unterwegs. Lob ist jedoch keine knappe Ressource, die wir hüten müssen wie Großmutters Tafelsilber. Daher gibt es auch keinen Grund, besonders sparsam oder sogar geizig damit zu haushalten.

Beim Feedbackgeben geht es nämlich nicht nur darum, dem anderen Fehler oder Verbesserungspotenziale aufzuzeigen, sondern auch darum, die positiven Aspekte hervorzuheben und somit zu bestätigen, dass sich die harte Arbeit in diesem Fall gelohnt hat. Somit ist mein Gegenüber motiviert, das nächste Mal wieder mit genau dem gleichen Elan an die Sache heranzugehen. Direkt ausgesprochenes Lob wirkt immer stärker als impliziertes Lob! In diesem Sinne: Es freut mich sehr, dass Sie diesen Text bis hierher gelesen haben. Weiter so!

Alles eine Frage der Form

Dies soll selbstverständlich nicht heißen, dass wir auf jegliche Kritik verzichten müssen. Ein reines Kuschelfeedback hilft schließlich auch niemandem. Entscheidend ist in diesem Fall weniger das Was, als vielmehr das Wie. Häufig fühlen wir uns nämlich gar nicht durch die Kritik als solche frustriert und angegriffen, sondern durch die Art und Weise, wie die Kritik geäußert wurde. Feedback sollte sowohl ehrlich als auch respektvoll sein – und auch entsprechend formuliert werden.

Gebe ich zum Beispiel Rückmeldung zu einem Textentwurf meines Kollegen, sollte ich mich auch wirklich nur auf den Text selbst konzentrieren und nicht auf die persönliche Schiene abdriften: „Der Text sollte etwas weniger Fachbegriffe enthalten, damit er besser zur Zielgruppe passt…“ ist besser als „Du hast ja mal wieder überhaupt nicht verstanden, an wen sich dieser Text richten soll…“ Wir alle machen schließlich Fehler, was aber nicht bedeutet, dass wir deswegen automatisch dumm oder unfähig sind.

In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, Ich-Botschaften zu senden, denn Feedback spiegelt immer zu einem gewissen Grad eine subjektive Meinung wider. Dies sollte man auch deutlich machen, indem man entsprechende Formulierungen verwendet: „Meiner Meinung nach…“ „In meinen Augen…“ „Meine bisherigen Erfahrungen haben gezeigt…“ „Ich bin der Ansicht, dass…“ Somit verdeutlicht man dem anderen, dass seine Vorgehensweise nicht zwingend falsch war, sondern es einfach nur verschiedene Optionen gibt, von denen die eine in diesem Fall vermutlich sinnvoller ist als die andere.

Zudem ist es möglich, Verständnis zu signalisieren, indem man auf eigene Schwächen hinweist: „Mir selbst fällt die Überschrift auch immer sehr schwer…“ Gerade als Führungskraft demonstriert man dadurch Selbstreflexivität und nimmt seinen Mitarbeitern die Angst, Fehler zu machen.

„Wer wirklich Autorität hat, wird sich nicht scheuen, Fehler zuzugeben.“

Bertrand Russell

Und in vielen Fällen lässt sich eine Kritik sogar direkt mit einem Lob verbinden: „Die Einleitung in deinem letzten Text fand ich genial, vielleicht bekommst du das hier auch wieder so hin…“ oder „Mir gefällt deine anschauliche Sprache, aber im Hauptteil wäre ein etwas sachlicherer Stil denke ich sinnvoller…“ Gewissermaßen Zuckerbrot und Peitsche.
Also: Super, dass Sie sich ausgerechnet für diesen Blog-Artikel entschieden haben – Sie sollten sich aber auch unbedingt all die anderen spannenden Artikel auf unserem Blog anschauen.

Unabhängig davon, wie die Kritik formuliert ist, gilt stets: Ausschließlich zu kritisieren ist einfach – aber nicht gerade hilfreich. Man sollte daher nicht nur Fehler und Schwächen aufzeigen, sondern auch Optionen für eine Verbesserung liefern. Konstruktiv statt destruktiv!

„Suche nicht nach Fehlern, suche nach Lösungen.“

Henry Ford

Dadurch unterstreiche ich einerseits meine eigene Fachkompetenz und demonstriere andererseits Lösungsorientiertheit. Ansonsten entsteht möglicherweise schnell der Eindruck, dass der Kollege oder Chef außer heißer Luft nicht viel zu bieten hat. Dabei muss man nicht direkt fertige Lösungen präsentieren – kann man in den meisten Fällen vermutlich auch gar nicht. Oftmals genügen aber schon kleine Denkanstöße oder persönliche Erfahrungen, um beim Gegenüber eine initiale Zündung zu bewirken und die Rakete zurück auf Kurs zu bringen.

Man muss auch nehmen können

Letztendlich kommt es aber nicht nur darauf an, wie Feedback gegeben wird. Genauso wichtig ist es, wie man als Feedbacknehmer mit der erhaltenen Resonanz umgeht. Auch hier sollte man das Gesagte nie persönlich nehmen. Daher immer im Hinterkopf behalten: Der Kollege kritisiert hier gerade meine Arbeit und nicht mich als Person. Und nur weil er in diesem Fall möglicherweise mit dem Ergebnis meiner Arbeit unzufrieden ist, heißt das nicht, dass wir heute Abend kein gemütliches Feierabendbier zusammen trinken können.

Darüber hinaus sollte man sich bewusst machen, dass Feedback in der Regel gut gemeint ist. Dem Kollegen oder Vorgesetzten geht es nicht darum, mir aufzuzeigen, wie schlecht und inkompetent ich meine Arbeit verrichte. Er möchte mir vielmehr dabei helfen, am Ende ein noch besseres Endergebnis zu erzielen. Dementsprechend sollte ich das Feedback auch annehmen und als Chance betrachten, mich selbst und meine Arbeit zu verbessern. Fehler darf jeder machen, bloß:

„Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen Zweiten.“

Konfuzius

Dies beinhaltet auch, dass man dem Feedback offen gegenüberstehen sollte, anstatt eine Verteidigungshaltung einzunehmen. Es ist selbstverständlich möglich, dem anderen zu erklären, warum man diese oder jene Entscheidung getroffen hat. Man sollte aber nicht versuchen, jede Kritik und jeden Vorschlag mit einer entsprechenden Rechtfertigung abzuschmettern. Ganz wichtig: Feedback ist in vielen Fällen eine Option und keine Verpflichtung. Ob ich den gut gemeinten Rat meines Kollegen annehmen möchte, bleibt folglich allein mir überlassen. Wobei man hier natürlich schon erkennen sollte, wann es sich um einen fakultativen Vorschlag und wann um eine obligatorische Anweisung des Vorgesetzten handelt…

Am Ende des Tages ist Feedbackgeben und -nehmen auch eine individuelle Sache. Manche mögen es, wenn man Kritik möglichst direkt und offen anspricht; andere bevorzugen eine gemäßigtere Gangart. Hier gilt es, die persönlichen Eigenschaften und Vorlieben des anderen herauszufinden und sein Feedback darauf anzupassen. Die oben genannten Aspekte sollten aber grundsätzlich immer beachtet werden: wertschätzend, respektvoll, konstruktiv. Damit Sie auf Ihr Feedback stets ein positives Feedback erhalten.

Autor: Steffen Wietzorek, Consulting Analyst drehmoment www.drehmoment-gmbh.de