Wissensmanagement – ein langwieriger, schmerzhafter und teurer Prozess. Arbeit und Mühe werden investiert und trotzdem ist das Ergebnis kaum absehbar. Ein wirtschaftliches Risiko … oder etwa nicht?

So kann Wissensmanagement aussehen – sollte es aber nicht. Wer regelmäßig zur Prophylaxe geht, hat grundsätzlich weniger Angst vor dem Zahnarztbesuch als derjenige, der sich die letzten drei Jahre davor gedrückt hat. Genauso lässt sich auch beim Wissensmanagement mit verhältnismäßig wenig schon viel erreichen. In diesem Artikel zeigen wir vier einfache Methoden mit großer Wirkung für Einsteiger sowie Fortgeschrittene. Sie werden sehen: Mit dem richtigen Einstieg lernt das vermeintliche Mammutprojekt ‚Wissensmanagement‘ problemlos fliegen.

Argumentationskarten

Wenn Sie schon einmal eine Mindmap erstellt haben, werden Sie sich auch mit Argumentationskarten nicht schwertun. Tatsächlich sind beide Methoden Teil der gleichen methodischen Familie: den Concept Maps.

Auf einer Argumentationskarte lassen sich übersichtlich und schnell wiederkehrende Kommunikationsmuster festhalten. Dabei ist diese Methode so simpel, dass der letzte Satz eigentlich bereits zu kompliziert war, um sie zu beschreiben. In einem vordefinierten Schema (je nach Abteilung oder Thema) werden einfach nur Kästchen mit konkreten Inhalten ausgefüllt. Dadurch entstehen ohne großes Nachdenken und im Handumdrehen ganze Argumentationsvorlagen (siehe Abbildung).

Ist Ihr Unternehmen im Customer Support zu Hause und muss mit immer ähnlichen Gesprächsverläufen immer wieder gleich umgehen? Suchen Sie nach Sponsoren für Ihren lokalen Sportverein und möchten Ihren freiwilligen Helfern einfache Werkzeuge an die Hand geben, um mögliche Geldgebende zu überzeugen? Kein Problem!

Wenn die Vorlage erst einmal erstellt ist, visualisieren Sie ganze Dialoge in wenigen Minuten. Anlernzeit? Fehlanzeige. Je nach Professionalisierungsgrad können in spezialisierten Modellierungstools auch weitaus komplexere Argumentationsstrukturen organisiert und mit zusätzlichen Informationen hinterlegt werden. Doch besonders für den Anfang können PowerPoint oder sogar ein Whiteboard absolut ausreichen.

Wissensträgerkarten

Haben Sie eigentlich einen Überblick über das Wissen in Ihrer Organisation? Diese Frage ist einfach und genauso leicht ist sie auch meistens zu beantworten: Nein.

Es bedarf schon eines überaus gesunden Wissensmanagements, um diese Frage ehrlich bejahen zu können – Expert Level. Stattdessen liegt in den meisten Organisationen einer der zwei folgenden Sachverhalte vor:

  1. Entscheider sind sich bewusst, dass sie keinen komprehensiblen Überblick über das Organisationswissen haben.
  2. Oder deutlich schlimmer: Entscheider denken, dass sie einen komprehensiblen Überblick über das Wissen ihrer Teams, Mitarbeitenden und Abläufe haben, obwohl das in Wirklichkeit nicht oder nur bedingt der Fall ist.

Gehören Sie zum Expert Level oder finden Sie sich in Variante 1 wieder? Wunderbar, dann steht es um die Zukunft Ihres Wissensmanagements gut. Haben Sie sich dabei ertappt, wie Variante 2 auf Sie zutrifft? Dann ist das kein idealer Startpunkt für Ihr Wissensmanagement, aber den Turnaround können Sie allemal schaffen.

Als Standortbestimmung oder Reflexionspunkt lohnt es sich für Entscheider aller Varianten, die Methode Wissensträgerkarten auszuprobieren. Sich einen Überblick über das Organisationswissen, Wissensbereiche und die entsprechenden Wissensträger zu verschaffen, ist strategisch und operativ durchaus nützlich:

Welche Wissensträger verantworten so viel Wissen, dass eine Abwanderung die Organisation vor ernsthafte Probleme stellen würde? In welchen Bereichen gibt es Einzelkämpfer und wo ist das Wissen gleichmäßig über das Team verteilt? Wo existieren ggf. Wissenslücken, die für den Einkauf von externer Expertise sprechen?

Sowohl analog als auch digital können Wissensbereiche und -träger in einem Schaubild zusammengeführt werden. Über Post-Its, eine Mindmap oder auf einem Whiteboard. Das Ergebnis sollte eine Wissenslandkarte sein, die Aufschluss über das existierende Organisationswissen, die entsprechenden Träger und den Dokumentationsstatus des Wissens gibt. Konkrete Wissensinhalte finden sich dabei gar nicht auf der Karte. Um zu gewährleisten, dass die Karte vollständig ist, sollten Mitarbeitende in die Erstellung zumindest teilweise einbezogen werden.

In kurzer Zeit und mit wenig Aufwand, lassen sich so wertvolle Informationen und Eindrücke zum Aufbau des Organisationswissens gewinnen. Daraus können Entscheider die für sie notwendigen Schlüsse ableiten.

Storytelling One-Day

Storytelling ist toll – das hört man überall. Mittlerweile ist der Begriff beinahe schon zu einem so abgedroschenen Schlagwort geworden wie Blended Learning, Silodenken oder Passive Income. Mal abgesehen davon, dass manche dieser Schlagworte, wenn richtig behandelt, inhaltlich durchaus reichhaltig sind, ist man von diesen Begriffen mittlerweile fast schon genervt. Oder vielmehr von ihrem unsachgemäßen und inflationären Gebrauch. Da wir von der Methode hinter dem Begriff absolut überzeugt sind – viele von uns haben das Storytelling sogar in Ausbildung, Studium oder Promotion vertieft – spielt sie sowohl in unserem Wissensmanagement als auch in dem unserer Kunden eine wichtige Rolle.

Zurecht: Schließlich liegt einerseits nichts so sehr in der menschlichen Natur wie die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen und die ewige Gier nach neuen Narrativen. Andererseits ist narrativ unterstütztes Wissen in aller Regel schnell verinnerlicht. Neben der One-Day-Methode gibt es auch viele weitere Wissensmanagement-Methoden, die auf dem Prinzip des Storytellings beruhen oder Aspekte davon inkorporieren. Das grundsätzliche Prinzip des Storytellings im Wissensmanagement haben wir bereits in einem anderen Artikel erläutert. Die One-Day Methode ist aber besonders für Organisationen mit begrenzten Kapazitäten und für Einsteiger gut geeignet.

Während andere Storytelling-Methoden meist Reflexionsgespräche oder Praxissimulationen beinhalten, ist die One-Day Methode hands-on. Vielleicht kennen Sie das Dokumentationsformat „One day in the life of…“. Die One-Day Methode ist ganz ähnlich. Dabei wird ein Wissensträger einen Tag lang begleitet oder er dokumentiert selbst einen recht komplexen Ablauf. Komplexes Wissen zu dokumentieren klingt leichter als es ist und stellt besonders Einsteiger oft vor Probleme. Die One-Day Methode macht den Zugang aber leichter. Narrative, ganz persönliche Eindrücke des Wissensträgers ergänzen den nüchternen Prozessablauf. Das kann das oberflächlich Sichtbare um eine wertvolle weitere Wissensebene (Erfahrung) ergänzen.

Das Ergebnis eines Storytelling One-Days kann viele Formen haben. Am Ende kann ein Fließtext, ein kurzer Podcast, am besten aber eine strukturierte Aufarbeitung herauskommen – etwa ein Organigramm (siehe Abbildung).

Ob sich ein Storytelling One-Day auch für Ihre Organisation lohnt, kommt auf die Komplexität und den Standardisierungsgrad Ihrer Prozesse an. Sind Prozesse relativ simpel und laufen jedes Mal gleich ab, ist diese Methode vermutlich nicht die naheliegendste Ergänzung Ihres Wissensmanagement-Baukastens. Weichen besonders umfassende Abläufe aber auch mal vom Standard ab, sollten Sie diese einfache und effektive Methode unbedingt ausprobieren.

FAQs und Q&As

Zum Schluss strenggenommen zwei Methoden – doch werden diese dem aufmerksamen drehmoment-Blog-Leser nicht unbekannt sein und entfalten kombiniert ihr ungeheures Potenzial. „Frequently Asked Questions“ (FAQs) und „Questions & Answers“ (Q&As) haben eine zentrale wie offensichtliche Gemeinsamkeit: Sie beantworten die Fragen derer, die nach Antworten suchen. Super!

FAQs kennt man vor allem von Website-Footern. Hier klären sie entweder tatsächlich häufig gestellte Userfragen auf, um weiter Nachfragen überflüssig zu machen, oder es werden mit peinlich offensichtlichem Marketingsprech vorgefertigte und maximal werbetaugliche ‚Userfragen‘ beantwortet:

Frage: Ist dieses Produkt wirklich so günstig und gut zugleich?
Antwort: Ja, man glaubt es kaum. Diese Frage wird uns auch echt häufig gestellt. Und manchmal können wir selbst kaum glauben wie toll und zugleich kostengünstig unser Produkt ist.

Eine solche Entartung dieser super einfachen und durchaus nützlichen Methode ist in Ihrer Organisation hoffentlich nicht nötig, um Ihre Mitarbeitenden von entsprechenden Maßnahmen zu überzeugen. Besonders nach der Einführung neuer Software oder Prozesse lohnt es sich, eine dedizierte FAQ-Sektion zu eröffnen. Das hat nämlich zwei große Vorteile: Ihre internen Wissensträger werden sofort entlastet und Hilfesuchende kommen sehr schnell an Antworten, sollte ihre Frage eine häufiger gestellte sein.

‚Wer sucht, dem werde geholfen‘, denkt sich der engagierte Wissensmanager. Eine ganz andere Herausforderung besteht darin, Mitarbeitende dazu zu bringen, überhaupt suchen zu wollen. Dabei unterstützen wir Sie natürlich auch immer sehr gern langfristig!

Bei Q&As finden wir eine Besonderheit gegenüber den FAQs. Während FAQs am besten asynchron in beliebigen Formaten von Excel-Liste bis responsivem Website-Akkordion zur Verfügung gestellt werden, lohnt es sich Q&As synchron stattfinden zu lassen. Wissensträger sind aktiv für die Fragen der User da und können neben fachlichem Input auch auf emotionale Reaktionen im Zuge des entsprechenden Changes eingehen. Durch den direkten Kontakt von Experte und Fragenden haben die Q&As also noch eine zusätzliche, persönliche Qualität.
Sessions können gut aufgezeichnet und im Nachgang anderen Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt werden. Schlagen in einer Q&A-Session häufig gestellte Fragen auf, kann auf die FAQs verwiesen werden.

Beide Methoden ergänzen sich ganz wunderbar und glänzen durch ihre Einfachheit und Effektivität. Und das Beste: Sie brauchen kein bestehendes professionalisiertes Wissensmanagement, um sie in Kombination oder einzeln anzuwenden. Probieren Sie es doch einfach mal aus!

Autor: Marius Lex, Senior Consultant, drehmoment, www.drehmoment-gmbh.de