Sie haben noch keinen offiziellen Namen, aber hiermit taufen wir sie ganz offiziell „Interface Dashboards (IDs)“. Wenn sich diese Bezeichnung also international durchsetzen sollte, erinnern Sie sich an diesen Beitrag. Doch worüber reden wir überhaupt?

Haben Sie schon von Notion gehört? Vielleicht sogar von Microsoft Loop? Zumindest um Loop werden Sie nicht herumkommen, wenn Sie in MS Office zu Hause sind. Bei beiden Systemen handelt es sich um Apps, die die gemeinsame Bearbeitung von Datensätzen und Dokumenten auf eine neue Stufe heben wollen. Zeitgleiche Bearbeitung eines Office-Online-Dokuments? Pah, alter Tobak! Im Folgenden liefern wir alle wichtigen Infos zur neuen Kategorie dieser Meta-Apps (bei aller Bescheidenheit übrigens ebenfalls eine Wortschöpfung unsererseits) und machen eine gewagte Vorhersage zu ihrer Zukunft.

Dezentralisierung 2.0 – Wie funktionieren IDs?

Letztendlich geht es Apps wie Notion und Loop um die nächste Stufe der Dezentralisierung von Dokumenten, Wissen, Datensätzen – im Grunde also aller Inhalte der innerbetrieblichen Zusammenarbeit.
Das Ziel: Inhalte aus bestimmten Dokumenten sollen nicht nur in genau diesen Dokumenten bearbeitet werden können, sondern überall.

Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie haben zur Kapazitätsplanung eine aufregende Excel gebastelt – denn seien wir mal ehrlich: Trotz umfassender Dispositions-Tools gehört das zum Arbeitsalltag einfach dazu. Sie haben nun also diese Excel mit 4 Arbeitsmappen und 2 Tabellen pro Mappe, die insgesamt von 8 Kolleg*innen bearbeitet werden sollen. Jede Person kümmert sich dabei um eine Tabelle.

Alt: Schon bei der Kommunikation der Excel-Datei via E-Mail müssen Sie umständlich aufschlüsseln, wer sich um welche Tabelle in welcher Mappe kümmern soll.
Neu: Sie fügen die einzelnen Tabellen komplett ohne das zugrundeliegende Excel-Dokument in die E-Mail ein. Die Tabellen sind bearbeitbar und synchronisieren sich kontinuierlich bilateral mit dem Stammdokument. Das heißt, selbst wenn Sie nach dem Absenden noch Änderungen in der Excel-Datei vornehmen, ist die aktuelle Version der Tabelle trotzdem in der Mail sichtbar. Schon auf den ersten Blick ein ziemlicher Hingucker und ein enorm effizienzsteigerndes Werkzeug.

Ihre Kolleg*innen haben natürlich auch andere Aufgaben als die Bearbeitung einer einzelnen Tabelle – hoffentlich zumindest.
Alt: Sie springen also von Dokument zu Dokument und bearbeiten für sie relevante Inhalte neben für sie irrelevanten Inhalten. Ein solches Application-Hopping kann unter anderem zu Problemen bei der Konzentrationsfähigkeit und nicht unerheblichen Abstrichen in der Produktivität führen. Denken Sie dabei immer an die Turmstraße in Monopoly: Kleinvieh macht auch Mist!
Neu: Ihre Kolleg*innen können sich die Teile unterschiedlicher Dokumente so auf einem persönlichen Dashboard anordnen, wie es für sie am effizientesten und übersichtlichsten ist. Application- oder Dokumenten-Hopping gehört somit einer tristen Vergangenheit an.

Es kommt der Tag der Abrechnung und einige Tabellen müssen in Echtzeit kurzfristig angepasst werden.
Alt: Das E-Mail- oder Chat-Ping-Pong beginnt. An dessen Ende sind die Tabellen zwar aktualisiert, die Kolleg*innen und Sie aber auch überglücklich, endlich ins Wochenende gehen zu können.
Neu: Sie schicken den Kolleg*innen in einer Direktnachricht oder einem Channel die entsprechenden Tabellen. Im Chat können Sie alle gemeinsam ohne ein einziges geteiltes Dokument die Tabelle in Echtzeit bearbeiten. Sollten Abstimmungen nötig sein, erfolgen diese direkt unter der Tabelle im Chat.

Die Befreiung der Inhalte von den Fesseln bestehender Dokumente ist also das entscheidende Ziel von Interface Dashboards (IDs). Ein feuchter Traum für jeden Agile-Coach und eine unumgängliche Veränderung für alle Office-User. Nach diesem Prinzip funktionieren sowohl MS Loop als auch Notion. Im Falle von Microsoft ist Loop allerdings nur ein Teil vieler guter Nachrichten. MS-Office-User dürfen sich also auf die Zukunft freuen.

Loop: Microsoft startet durch

Wir hätten es uns schon viel früher gewünscht, doch nun scheint Microsoft endlich begriffen zu haben, welches Potenzial in seinem Office-Ökosystem schlummert.

War Teams vor 3 Jahren noch ein unpraktikabler, langsamer, unintegrativer Messenger, so treffen jetzt immerhin nur zwei dieser drei Attribute zu – nämlich unpraktikabel und langsam. Baby Steps, aber Fortschritte. Auch das Investment in OpenAIs ChatGPT war eine ziemlich smarte Entscheidung.

Der Copilot – also quasi Clippy mit AI (Sie erinnern sich an die Büroklammer von Windows XP?) – wird die Arbeit mit den Standard-Office-Anwendungen grundlegend verändern. Und das ist kein unüberlegter, übertriebener Digitalisierungssprech. Copilot ist für MS Office schlichtweg eine Revolution! Hier gibt es weiterführende Infos von The Verge zum Thema Copilot.

Und was ist mit Loop? Ein System, das mal so gar nicht Microsoft-like absolut frisch und ebenso luftig daherkommt wie die Konkurrenzprodukte aus Start-Ups in Philadelphia oder Silicon Valley. Microsoft, offenbar von frischen Lebensgeistern geküsst, mausert sich nicht nur im Business-Umfeld gerade zum Innovation-Leader. Beinahe unvorstellbar bei einem Tanker, der in den letzten Jahren unendliche Ressourcen mit der Weiterentwicklung von Yammer, Sway, Lists und Project vergeudet hat. Kennen Sie alles nicht? Wenn Sie Office-Business-Kunde sind, bezahlen Sie aktuell für all diese Anwendungen. Doch der Fokus der einstigen PC-Pioniere scheint zurückgekehrt zu sein – freut uns!

Das Ende der diversen Ökosysteme?

Setzen Sie aktuell auf ein diverses Ökosystem und bewegen sich in gut integrierbaren Softwares wie Slack, Asana, Guru, Confluence, Jira, Zendesk, SAP, Figma, Notion, Stackfield, Nuclino, Monday etc.? Haben Sie also mit dem Invest in Microsoft-externe Software alles falsch gemacht?

Wir können Sie beruhigen: absolut nicht! Ganz im Gegenteil. Schließlich waren die Microsoft-Anwendungen bisher durchwachsen. Aktuell sind viele spezialisierte Anwendungen auch noch ihrem Office-Pendant überlegen, wenn es überhaupt eines gibt. Ob das so bleibt, wird die Zukunft zeigen – doch eines ist sicher: Nicht nur MS Office wird sich weiterentwickeln.

Zumal sich natürlich auch auf dem freien Markt ID-Software hervortut. Notion war die erste ihrer Art und kann es mit MS Loop definitiv aufnehmen. Trotz des offensichtlichen Nachteils, dass Inhalte vor allem aus externen Quellen bezogen und in Notion zusammengeführt werden müssen, ist die User-Experience (UX) hervorragend und die Bedienung einfach. Viele der oben genannten Tools sind integrierbar.

Fazit

IDs sind nicht unmittelbar für jede Organisation das neue heiße Ding. Doch langfristig werden sie in Zusammenarbeit mit AI-gestützten Tools, wie etwa dem MS Copilot, die Welt der digitalen Kollaboration stark verändern. In unseren Augen ist diese anstehende Veränderung für die teils etwas unterdigitalisierte DACH-Region eine sehr gute Chance, Anschluss an die internationale Spitze der Zusammenarbeit der Zukunft wiederherzustellen.

Wie so häufig heißt es:

  1. Nehmen Sie die neue Technologie auf.
  2. Prüfen Sie die Brauchbarkeit für Ihr Unternehmen.
  3. Werfen Sie das weg, was Sie nicht brauchen.
  4. Behalten Sie die Funktionen, die Ihnen einen konkreten Nutzen bringen!

So können Interface Dashboards Ihr Leben erleichtern, Ihre Unternehmenstransparenz steigern und die Hürden zu einem nachhaltigen digitalen Wandel senken. Ganz egal, ob Sie sich in einem diversen digitalen Ökosystem bewegen oder fast ausschließlich in MS Office.

Autor: Marius Lex, Senior Consultant, drehmoment, www.drehmoment-gmbh.de